Atelierbesuch

Zu Besuch bei Sebastian Weber

Über Texturen auf seiner Leinwand und digitalen Kunstunterricht

Liana Balzer

12.02.2021

Lesedauer: 

5

 min

In dieser Woche haben wir Sebastian Weber besucht. Der Kunstlehrer aus Siegen berichtet vom digitalen Kunstunterricht und seinen reliefartigen Werken. Für seine Kunst kommt es auch durchaus vor, dass verschiedene Alltagsgegenstände zweckentfremdet werden und als Werkzeuge für die Erstellung seiner Bilder dienen. Sebastian zeigt uns auch, wie Kunstunterricht besonders in diesen Zeiten eine positive Wirkung auf Kinder- und Jugendliche haben kann. Wir wünschen euch viel Freude beim Lesen!

Die Kunst wurde dir quasi in die Wiege gelegt. Was hat dich in deiner Kindheit in Bezug zum Thema Kunst besonders geprägt?

 

Besonders das künstlerische Umfeld bei Besuchen meines Großvaters, hat mein Bedürfnis danach, selbst Kunst zu machen, schon früh gefestigt. Dort sah ich Pinsel, Farben, Staffeleien und Leinwänden, welche mein Interesse jedes Mal aufs Neue weckten. Besonders dankbar bin ich auch meinen Eltern dafür, dass sie mich schon sehr früh musisch und künstlerisch gefördert haben. Auf diese Weise habe ich die Möglichkeit bekommen Kunst zu sehen und in all ihrer Vielfalt selbst zu entdecken. So bin ich schon sehr früh in den Genuss gekommen, mit Farben zu experimentieren und mich zeichnerisch in immer neue Fantasiewelten hineinzudenken. Ich muss aber zugeben, dass ich ziemlich lange gebraucht habe, um mich selbst wirklich als Künstler zu verstehen. Ich hatte immer die Sehnsucht, einen Bereich in der Kunst zu finden, der wirklich zu mir passt, in dem ich mich selbst ausleben und finden kann. Dieser Prozess ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen, aber ich habe mehr und mehr meine eigene Richtung gefunden und gelernt mich darin auszuleben.


Wie kam es dazu, dass du dich entschieden hast, Kunstlehrer zu werden? 

 

Mein Hobby mit meinem Beruf zu verknüpfen ist wirklich ein wahr gewordener Traum und ich bin sehr dankbar, dass ich neben meinen anderen Fächern auch dieses Fach unterrichten darf. Kunst ist für mich ein Fach, was im Unterschied zu den anderen Fächern in der Schule, die Kinder und Jugendlichen auf eine ganz andere Art und Weise anspricht. Ich denke, dass der Kunstunterricht immer die Möglichkeit bietet, ein bisschen Abstand vom Stress und Lärm der Schule zu bekommen und sich einmal für eine gewisse Zeit den schönen Dingen, die man liebt und auch sich selbst zuzuwenden. So ist es mir in meinem Kunstunterricht immer schon wichtig gewesen, möglichst viele künstlerische Bereiche mit den Schüler*innen zu entdecken, so dass jede*r die Möglichkeit hat sich irgendwo selbst zu finden und weiter auszuleben. So wird jede*r irgendwann zum/zur Künstler*in und entfaltet sich auf seine/ihre ganz eigene Weise. 

 

Was inspiriert dich und weshalb beschreibst du deinen Stil am liebsten mit dem Ausdruck „Liquid Fascination - Kunst mit einer dritten Dimension“?

 

Mein Stil steht für eine Entdeckungsreise auf der Leinwand, die über das Eindimensionale hinausgeht. Jedes meiner Bilder hat einen reliefartigen Charakter. Die Oberfläche hat Höhen und Tiefen, kommt auf den/die Betrachter*in zu, springt ihn/sie förmlich an und lädt dazu ein, jedes Detail zu erkunden. Sogar das Betasten der Oberflächen ist auf diese Weise möglich und schafft für die Kunst auf der Leinwand ganz neue Zugänge. Zudem sind die fließenden Texturen für meine Bilder charakteristisch und machen für mich eine ungeheure Faszination aus. Wie eingefroren, von einem Moment auf den anderen angehalten, zeigen sich diese fast noch flüssig anmutenden Texturen auf der Leinwand und bringen eine ungeheure Dynamik und Lebendigkeit in meine Bilder. Auf diese Weise bringe ich genau das auf meine Leinwände, was mich an Kunst ungeheuer reizt und dazu einlädt weiter zu experimentieren und immer neue Welten entstehen zu lassen.

Changing Season

Sebastian Weber

Autumn Rain

Sebastian Weber

Winter's Day

Sebastian Weber

Changing Season

Sebastian Weber

650,00 €

Autumn Rain

Sebastian Weber

1200,00 €

Was darf in deinem Atelier nicht fehlen und wie sieht dein perfekter Atelier-Tag aus?

 

Das ist eine wirklich gute Frage. Ich experimentiere häufig mit verschiedenen Werkzeugen und zweckentfremde gerne Alltagsgegenstände für meine Arbeit. So dient mir schon längere Zeit ein alter Fensterabzieher als wichtiges Utensil und auch zahlreiche Besen, Spül- und Badeschwämme nutze ich gerne für den Farb- und Strukturauftrag. Ganz besonders wichtig sind mir aber auch meine vielen Spachtel, mit denen ich die Höhen und Tiefen auf der Leinwand herstelle. Für einen idealen Atelier-Tag brauche ich zunächst einen freien Kopf. Ich gehe nie ins Atelier, wenn ich gestresst oder mit den Gedanken ganz woanders bin. Das wird den Bildern nicht gerecht und dabei kommt auch am Ende kein zufriedenstellendes Werk heraus. Auch Zeit ist für meine Arbeit sehr entscheidend. Nur so habe ich die Möglichkeit wirklich Dinge zu korrigieren, die mich im Bild noch stören, was bei den hohen Trocknungszeiten der einzelnen Schichten auch bedeuten kann, dass diese erst zwei oder drei Tage später fertig werden. Bei meiner Arbeit bin ich, genau wie die Leinwand, immer in Bewegung. Ich stehe, sitze, manchmal liege ich und bringe auch die Strukturen in die gewünschten Formen.

Was war eines deiner spannendsten Projekte? Interessant finden wir z.B. deine Zusammenarbeit mit der Hamburger Tanz- und Ballettschule. 

 

Hier sprecht ihr wirklich auf ein absolutes Highlight an. Diese Gelegenheit im Herzen Hamburgs, unweit der Elbphilharmonie, meine Bilder auszustellen, war wirklich ein ganz besonderes Erlebnis und eine tolle Möglichkeit liebe kunstbegeisterte Menschen kennenzulernen. Auch die Konzeption dieser Ausstellung war für mich etwas ganz Neues und hat mir sehr viel Freude gemacht. Diese Ausstellung war für mich ein unheimlicher Motivationsschub und so ist es ja bei jedem Kompliment, jeder Ausstellung und auch, wenn Menschen meine Kunst so lieben, dass sie sich entscheiden ein Werk bei sich zu Hause auszustellen. Das ist einfach immer wieder ein wunderschönes Gefühl, dass die eigene Kunst und Ausdrucksweise auch andere fasziniert und begeistert.



Wie war das Jahr 2020 für dich und deine Kunst und wie hast du digitalen Kunst-Unterricht mit deinen Schüler*innen realisieren können?

 

Die Krise hat natürlich viele Ausstellungsmöglichkeiten erschwert und auch blockiert. Trotzdem konnte ich diese Zeit nutzen, um noch mehr Zeit an der Leinwand zu verbringen, zu experimentieren und neue Wege einzuschlagen. Ich denke, dass man sich gerade in solchen Zeiten eben auch an den guten Dingen erfreuen sollte und versuchen sollte das Beste aus jeder Situation zu machen.

Ein besonders schönes Ereignis in diesem Jahr war so für mich, dass mein Heimat-Landkreis drei meiner Werke in seine Kunstsammlung aufgenommen hat. Dies ist wirklich eine große Ehre, wenn man bedenkt, dass sich auch Werke von Theo-Meier-Lippe, Walter Helsper oder Wolfgang Kreutter in dieser Sammlung befinden.

Abgesehen von den Unterbrechungen des Lockdowns, bin ich froh, dass ich in der Schule bis Dezember meinen Kunstunterricht nahezu problemlos weiterführen konnte. Aber natürlich ist es auch spannend diese Krise künstlerisch aufzuarbeiten. In einem jüngsten Projekt in meiner achten Klasse, welches vollständig im Distanzunterricht mit Videokonferenzen durchgeführt wurde, hatten die Schüler*innen die Möglichkeit in einer Collage all die Dinge unterzubringen, die sie nach dieser Krise unbedingt wieder machen wollten. Die Ergebnisse haben mich begeistert und sind ein perfektes Beispiel dafür, wie hilfreich die Kunst in solchen Zeiten sein kann.


Wie findest du steht es um die Digitalisierung in der deutschen Kunstbranche?  

Digitalisierung muss im Bereich der Kunst ein immer wichtigeres Element werden, da sie den Zugang zur Kunst besonders erleichtern kann. Online Galerien und Ausstellungen haben besonders jetzt einen unschätzbaren Wert für uns Kunstschaffende. Sie bieten auf einfachem Weg den Sammler*innen und Betrachter*innen Möglichkeiten an, mit Kunst in Verbindung zu kommen. Auch soziale Medien wie Instagram spielen hier eine wirklich zentrale Rolle. Die eigenen Werke auf alternative Art und Weise zu präsentieren machen einen großen Reiz aus. Gerade meine reliefartigen Werke kann ich so zum Beispiel mit Kamerafahrten gut vorstellen und auch die Entstehungsgeschichte einzelner Werke, besondere Arbeitsschritte und Einblicke in das eigene Atelierleben, helfen vielen Betrachter*innen sich mit der eigenen Kunst zu identifizieren. Und so freue ich mich ganz besonders, wenn Menschen auf Instagram ein Teil meiner spannenden Reise werden.


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Wir danken Sebastian für das Interview und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft. Wir hoffen, dir als Leser*in hat dieses Format gefallen. Sollte dies der Fall sein, teile den Artikel gerne in den sozialen Netzwerken und gebe uns Feedback per E-Mail via info@picassy.de. Du bist Künstler*in und möchtest uns auch dein Atelier zeigen? Dann melde dich gerne ebenfalls bei uns!

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